Als einstiger Highflyer und deutsches Tech-Vorzeige-Unternehmen hat Wirecard jetzt Insolvenz angemeldet. Von 1€ auf 200€ binnen weniger Jahre gestiegen, findet sich der Kurs jetzt wieder knapp bei 1€ wieder und die Pleitegefahr ist groß. Damit haben auch viele Anleger ihr Geld verbrannt. Wir wollen uns jetzt nicht mit den Wirecard-Hintergründen beschäftigen, sondern vielmehr damit, was du als Anlegerin/Anleger daraus für deine Geldanlage lernen kannst!
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Auf Diversifikation achten
Bei der Erstellung eines Portfolios sollte immer darauf geachtet werden, dass deine persönliche Risikobereitschaft in deiner Anlagestrategie reflektiert wird. Verschiedene Anlageklassen sind in der Regel mit unterschiedlichen Risiken verbunden. Risiken können in vielerlei Hinsicht auftreten. Sie können beispielsweise geografisch, also mit Ländern, branchenbezogen oder auch mit einzelnen Personen verknüpft sein, die einen besonders hohen Einfluss auf den Erfolg des jeweiligen Unternehmens haben. Wie stellt man sich beispielsweise SpaceX und Tesla ohne Elon Musk vor? Wie würden sich die Unternehmen ohne ihn entwickeln? Unsicherheit ist in der Regel mit Risiko gleichzusetzen. Einzelaktien können genau von diesen Faktoren stark beeinflusst werden, weshalb sie ein relativ hohes Risiko darstellen. Sie sollten nur mit gewisser Vorsicht in dein Portfolio miteingebunden werden. Als Grundregel kannst du dir merken, dass ein Investment in eine Einzelaktie nie mehr als fünf Prozent deines gesamten Anlagevermögens ausmachen sollte. Alles andere ist zocken! Wenn du gerne in Aktien investieren möchtest, bieten dir ETFs hier die Möglichkeit breit zu diversifizieren. So kannst du mit zum Beispiel dem MSCI World in mehr als 1600 Unternehmen gleichzeitig investieren und dabei die Risiken der einzelnen Unternehmen ausblenden.
Die Wirecard-Aktie ist beispielsweise in weniger als zwei Wochen von über 100 auf unter zwei Euro eingebrochen, während der MSCI World in der gleichen Zeit mehr oder weniger stabil geblieben ist. Der Einbruch der einzelnen Aktie hatte also keinen wesentlichen Einfluss auf den Weltmarkt.
Gewinne mitnehmen
Nachdem du dich dazu entschieden hast, wie die Zusammensetzung deines Portfolios aussehen soll und wie viel Risiko du insgesamt bereit bist einzugehen, ist es wichtig, dass du dich gelegentlich darauf zurückbesinnst. Lass uns an einem kleinen Beispiel erläutern, warum das manchmal gar nicht so einfach ist.
Stell dir bitte zur Anschaulichkeit des Beispiels vor, du hättest dich entschieden, dein Portfolio aus einem Drittel Wirecard-Aktien, einem Drittel globalen ETFs und einem Drittel Festgeld zusammenzustellen. Ein Portfolio mit einem Startgeld von 1500 Euro würde dann so aussehen:
In einer der sehr positiven Phasen der Wirecard-Aktie, hätte sich der Wert deiner Anteile innerhalb eines Jahres in etwa verdreifachen können (zum Beispiel zwischen Mitte 2017 und 2018). Nehmen wir an, dein ETF-Anteil und dein Festgeld-Anteil wären in dieser Zeit mehr oder weniger stabil geblieben, dann würde dein Portfolio jetzt so aussehen:
Hier besteht erstmal Grund zur Freude! Du konntest innerhalb kurzer Zeit den Wert deines Portfolios deutlich steigern. Denke jetzt aber auch wieder daran zurück, was du bei der Erstellung deines Portfolios für eine Vorstellung hattest, was für ein Risiko du eingehen möchtest. Durch die Verschiebung der Werte in deinem Portfolio, hat sich natürlich auch das verhältnismäßige Risiko verschoben. Zum Beispiel macht der Festgeldanteil deutlich weniger als ein Drittel deines Portfolios aus, wohingegen mehr als die Hälfte aus Einzelaktien (hier zum Beispiel der Wirecard-Aktie) besteht. Da der prozentuale Anteil der Wirecard-Aktie im Depot nun viel größer ist als er ursprünglich von dir geplant wurde, holst du dir als Anleger mit den großen Gewinnen mehr Risiko ins Depot, weil du mehr von einem Unternehmen abhängig bist. Die meisten von euch wissen das auf der rationalen Ebene auch und haben sich bei der Erstellung des Portfolios mit den Risiken der verschiedenen Anlageklassen auseinandergesetzt. Da aber Emotionen starke Treiber und oft stärker als der Verstand sind, handelt man gerne anders. Man sagt nicht umsonst „Gier frisst Hirn“ oder „den Hals nicht voll bekommen“. Wenn man sich über besonders tolle Entwicklungen des Depots freut, ist das auch nicht einfach, den Emotionen zu widerstehen. Was wäre aber jetzt der richtige Umgang mit der Situation? Wir würden ein kontrolliertes Umschichten empfehlen. Wenn sich dein Risikoprofil seit der Erstellung deines Portfolios nicht verändert hat, solltest du das ursprüngliche Gleichgewicht deines Portfolios wiederherstellen. Dies könnte dann so aussehen:
Lass uns nun anhand der jüngsten Entwicklungen der Wirecard-Krise anschauen, welche Auswirkungen der rapide Abfall der Aktie von zuletzt ca. 98 Prozent auf dein Portfolio vor und nach dem Umschichten gehabt hätte: Vor dem Umschichten hattest du durch die gute Entwicklung der Aktie 1.500 Euro, also 60 Prozent deines gesamten Portfolios in Wirecard investiert. Ein Absturz der Anteile um 98 Prozent stellt einen Verlust von mehr als 1.450 Euro dar. Angenommen der Rest deines Portfolios ist in der gleichen Zeit stabil geblieben, besitzt du nun noch Anlagen im Wert von 1.050 Euro – herzlichen Glückwunsch… Die Gier nach mehr hat bewirkt, dass du jetzt weniger Geld hast, als du ursprünglich investiert hast.
Hättest du dich vorher entschieden auf das ursprüngliche Verhältnis umzuschichten, hätte die Wirecard-Krise zwar auch einen großen Effekt auf dein Portfolio (deshalb auch nicht mehr als 5 Prozent in eine Aktie anlegen!), jedoch würde dein Verlust nur etwas mehr als 800 Euro betragen. Dein Portfolio hätte so noch einen Wert von ca. 1.700 Euro – mehr als du am Anfang eingesetzt hast.
Natürlich musst du nicht ständig dein Portfolio umschichten, denn die Verhältnisse ändern sich laufend. Es reicht in der Regel, sich einmal im Jahr intensiv mit der Entwicklung eines Portfolios und den damit einhergehenden Risiken auseinanderzusetzen. Mehr zu dem Thema Umschichten, auch bekannt als Rebalancing, kannst du unter folgendem Link nachlesen.
Bitte beachte, dass es sich bei dem oben dargestellten Beispiel nur um eine Veranschaulichung handelt und wir dir keinesfalls empfehlen, ein Drittel deines Portfolios in eine einzelne Aktie zu investieren.
Nicht ins fallende Messer greifen
Nicht wenige haben sich bei den fallenden Wirecard-Kursen gefragt: Lohnt es sich jetzt einzusteigen? Das kann doch jetzt eigentlich nicht mehr viel weiter sinken, oder? Ja, manchmal kann man Glück haben und die Kurse gehen nach einem großen Fall einer Aktie wieder hoch, aber wann eine Aktie ihren Tiefpunkt erreicht hat, das kann niemand vorhersagen. Daher Achtung: Nicht immer folgt ein steiler Anstieg nach einem erreichten Tiefpunkt! Ein Kauf kann so definitiv ein großes Verlustrisiko bergen. Nicht umsonst heißt es „Never catch a falling knife – Greife nie in ein fallendes Messer“. Und falls man doch mal ganz bewusst zocken möchte, dann wenigstens auf ganze Branchen wie in unserem Artikel „ETF Crashprofiteure“ beschrieben.
Fazit
Der Fall Wirecard zeigt uns ganz klar: Es ist ein tolles Gefühl Gewinne zu machen, aber lass dir davon nicht den Kopf verdrehen! Hohe Chancen sind stets mit hohem Risiko verbunden. Es macht keinen Sinn, ausschließlich oder besonders viel in ein einziges Unternehmen zu investieren. Daher: Achte stets darauf, dass dein Portfolio auch deine Bereitschaft Risiken einzugehen reflektiert. Verschiebt sich das Verhältnis innerhalb deines Portfolios, sei dir über die Auswirkungen auf das Risiko bewusst und schichte gegebenenfalls um.
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