„Dividenden sind die neuen Zinsen“ – diesen Satz hört man immer häufiger, aber stimmt er auch tatsächlich? Wir ziehen den Vergleich zwischen Dividenden-ETFs und „normalen“ ETFs und möchten wissen: Was ist von Dividenden-Strategien wirklich zu halten?
Was sind eigentlich Dividenden?
Dividenden sind der Teil des Gewinns eines Unternehmens, der ausgeschüttet wird. Das können mal 30 %, aber auch mal 70 % sein: Die Höhe der Ausschüttung variiert. Auch der Zeitpunkt, also wann Dividenden ausgeschüttet werden, ist sehr unterschiedlich. Während amerikanische Firmen häufig vierteljährlich Dividenden ausschütten, passiert die Ausschüttung bei deutschen Unternehmen häufig nur einmal im Jahr.
Wenn man nun einen ETF besitzt, fließen die Dividenden in einem ersten Schritt in den Fonds. Nun gibt es zwei verschiedene ETF-Arten: ausschüttende oder thesaurierende Fonds. Wenn die Dividenden an dich, also den/die Anleger:in, regelmäßig ausgezahlt werden, dann handelt es sich um einen ausschüttenden ETF. Werden die Dividenden hingegen automatisch erneut wieder angelegt, handelt es sich um einen thesaurierenden ETF.
Dividenden als Zinsersatz?
Es ist mittlerweile alles andere als ein Geheimnis: Auf unser Erspartes erhalten wir so gut wie keine Zinsen mehr. Da könnte man doch glatt denken, dass man anstatt Zinsen nun eben Dividendenausschüttungen genießen kann. Schließlich sind Dividenden, wie auch ehemals Zinsen, regelmäßige Erträge. Außerdem sind Dividendenrenditen in etwa so hoch wie es ehemals Zinsen waren, häufig um die 3 %. Auch wenn aufgrund dieser Vergleiche nicht selten davon ausgegangen wird, dass man so mit Dividenden-ETFs eine Art Zinsersatz erhält, muss man hier aufpassen und diese Schlussfolgerung definitiv in Frage stellen! Dividenden sind keinesfalls die „neuen Zinsen“, ganz einfach, weil Dividenden und Zinsen nicht das gleiche sind. Dividenden sind nicht festgeschrieben, sie können gesenkt oder sogar gestrichen werden und zudem haben Aktien durch ihre Volatilität, ihre Schwankungen, ein gewisses Risiko.
Die Rendite im Blick haben
Die Frage ist nun, unabhängig vom Zinsvergleich, ob Dividenden-ETFs aufgrund ihrer Ausschüttung für uns Anleger:innen die besseren ETFs sind. Was bedeutet in diesem Fall aber „besser“? Es geht ganz klar um die Frage: Welcher ETF-Typ bringt mehr Rendite? Viele sehen nur die Dividenden, wenn es um Rendite geht. Dabei besteht Rendite nicht nur aus Dividenden, sondern auch aus der Kursentwicklung. Daher muss man unbedingt zwischen zwei Index-Varianten unterscheiden.
Index-Unterscheidungen: Price Return (PR) und Gross Return (GR)
Es gibt verschiedene Varianten eines Index. Ist dir mal aufgefallen, dass Kürzel wie TR, PR und GR hinter Indizes stehen? Falls du diese Bezeichnungen bisher gekonnt ignoriert hast, schön und gut, aber nun gehen wir ihnen auf den Grund! Diese Abkürzungen sind nämlich für uns Anleger:innen relevante Informationen, denn sie bezeichnen die unterschiedliche Berechnung der Werteentwicklung des jeweiligen Index aufgrund verschiedener Methoden.
„Price Return“: Ohne Dividenden
Berechnet man einen Index nach dem „Price Return“, wird ermittelt, wie hoch der Ertrag auf den zum Kaufzeitpunkt festgelegten Preis ist. Dabei werden Dividenden und Zinserträge nicht miteinbezogen. Allein die reine Kursentwicklung im jeweiligen Index wird berücksichtigt.
„Gross Return“: Mit Dividenden
Diese Methode misst die gesamte Werteentwicklung inklusive Dividenden und Zinsen; Sie bezieht diese also in die Indexberechnung mit ein, allerdings ohne den Abzug von anfallenden Steuern. So wird beispielsweise der DAX berechnet.
Historische Wertentwicklung
Schauen wir uns nun die historische Werteentwicklung an. Die Frage, die uns dabei begleitet, lautet: Bringen Dividenden-ETFs mehr Rendite als „normale“ ETFs? Price Return und Gross Return schauen wir uns dabei genauso an wie die zwei Faktoren „Quality“ und „Momentum“, die man lange zurückverfolgen kann. Der Faktor „Quality“ sagt aus, dass es sich um Unternehmen mit „hoher Qualität“ handelt, die dementsprechend auch höhere Renditen haben als solche mit geringerer Qualität. Dagegen meint der Faktor „Momentum“, dass Unternehmen, die vor kurzem eine hohe Rendite vorzeigen konnten, für eine begrenzte Zeit ebenfalls höhere Renditen haben und solche Unternehmen, die kürzlich eher eine geringe Rendite hatten, für eine weitere Zeit nur kleine Renditen erwirtschaften können.
Wertentwicklung der verschiedenen Indizes
Betrachten wir die Entwicklung verschiedener Indizes, von 1987 bis heute, so zeigt sich, dass der MSCI World Momentum und Quality jeweils die höchste Rendite erzielen konnten. Danach folgt der MSCI World High Dividend, der ebenfalls mehr Rendite als der normale MSCI World erzielen konnte. Schauen wir jedoch auf die Entwicklung der Indizes in anderen Zeiträumen in den letzten 5 bis 20 Jahren, sieht man, dass zwar weiterhin MSCI World Quality und Momentum die höchsten Renditen erwirtschaften konnten, jedoch der MSCI World High Dividend stets schlechtere Rendite erzielte als der normale MSCI World. Man kann also nicht sagen, dass ein Fokus auf dividendenstarke Aktien grundsätzlich eine höhere Rendite mit sich bringt, sondern in den meisten Fällen eher das Gegenteil.
Diese Grafik veranschaulicht zusätzlich noch die Entwicklung der Indizes, wenn nur der Price Return gemessen wird, also lediglich die Rendite der Kursgewinne. Wie zu erwarten, schneidet hier der MSCI World High Dividend besonders schlecht ab und schafft es in keinem der von heute aus betrachteten Zeiträume einen der anderen Indizes zu übertreffen.
Sind Dividenden-ETFs risikoärmer?
Hier sehen wir die Rendite ins Verhältnis zum Risiko gesetzt. Im Vergleich zum MSCI World bringen High Dividend Strategien weniger Risiko mit sich, allerdings auch etwas weniger Rendite. Der direkte Vergleich zwischen den beiden Indizes ist somit nicht möglich. Was man hingegen beim MSCI World Quality sieht, ist, dass man innerhalb dieses 20-Jahres-Zeitraums mit weniger Risiko mehr Rendite erwirtschaftet hätte. Quality scheint demnach der High Dividend-Strategie in allen Punkten überlegen zu sein.
Was zählt im Endeffekt? Ein Fazit
Um High Dividend Strategien zu beurteilen, ist es wichtig, sich stets die Gesamtrendite anzugucken und nicht nur auf Dividenden zu achten. Andernfalls kann man keinen Vergleich zu anderen Strategien ziehen. In den von uns betrachteten Zeiträumen schnitt der High Dividend Index in der Regel etwas schlechter ab. Grundsätzlich zeigte er im Vergleich zu den anderen Strategien aber ein eher geringeres Risiko. Von einer Renditeperspektive schneidet er jedoch auch häufig schlechter ab als der Vergleich.
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