Hochsaison für Zukunftsprognosen
Das Jahresende ist nicht nur die Zeit der Festtage, sondern bietet alljährlich auch die Gelegenheit, einen Ausblick auf das kommende Jahr zu werfen. Du solltest dich in den nächsten Wochen wieder auf eine Flut von Prognosen einstellen, was die Zukunft und vor allem das nächste Jahr für dein Portfolio bereithalten könnte. Auf den Ausblick folgen für gewöhnlich Empfehlungen, mit welchen Strategien und Maßnahmen sich die nächste Krise vermeiden lässt oder wie du die nächste „große“ Chance ergreifen könntest. Im Umgang mit derartigen Empfehlungen bist du gut beraten, deinen langfristigen Kurs beizubehalten, anstatt Mutmaßungen und schnelllebigen Voraussagen zu folgen und dein Portfolio entsprechend umzubauen.
Prognosen und ihr Einfluss auf Portfolios
In einem typischen Ausblick kommen die folgenden Sätze eher selten: „Die Finanzmärkte werden voraussichtlich weiterhin normal funktionieren“, oder „Es ist nicht absehbar, wie sich unbekannte zukünftige Ereignisse auf die Marktpreise auswirken werden“. Prognosen über künftige Kursbewegungen können die unterschiedlichsten Formen annehmen. Meist verleiten sie Anleger jedoch zu dem Versuch, damit zukünftige Marktentwicklungen voraussagen zu wollen. Unter den Prognosen finden Sie daher viel öfter folgende Sätze: „Wir betrachten Energieaktien im kommenden Jahr skeptisch“, oder „Wir rechnen auch im Jahr 2017 mit einem schwierigen Zinsumfeld“. Zwar können gewagte Prognosen das Interesse vieler Anleger wecken, ob sie jedoch für einen Investmentplan sinnvoll sind, ist nicht erwiesen. Steve Forbes, der Herausgeber des Forbes Magazine, sagte einmal: „Ratschläge zu erteilen ist ein viel lukrativeres Geschäft, als diese zu befolgen. Diese Tatsache stellt einen der Grundpfeiler des Magazingeschäfts dar – in Verbindung mit dem Kurzzeitgedächtnis unserer Leser.“ Nehmen wir dazu ein einfaches Beispiel: Du erfährst, dass es derzeit besser sei, Bargeld zu halten als in Aktien zu investieren, da letztere im Moment „zu teuer“ seien. Angenommen, Aktien weisen mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% für eine gewisse Zeit tatsächlich eine schlechtere Rendite auf als Bargeld. Bedeutet das, dass Anleger ebenfalls mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% eine höhere Rendite erhalten? An dieser Stelle müsstest du dir ins Gedächtnis rufen, dass Markttiming niemals nur eine Entscheidung betrifft, sondern immer zwei. Entscheidest du dich für einen Kurswechsel und damit in diesem Fall für einen Ausstieg aus Aktien, musst du anschließend auch den Zeitpunkt für einen Wiedereinstieg bestimmen. Triffst du jedes Mal mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% die richtige Entscheidung, stehen deine Chancen auf eine höhere Gesamtrendite 1:4. Erhöht man die Wahrscheinlichkeit auf jeweils 70%, stehen die Chancen immer noch nicht ganz 50:50, und damit etwas schlechter als wenn Sie eine Münze werfen. Dieselbe Logik lässt sich auf Anlageentscheidungen innerhalb einzelner Anlageklassen anwenden, wenn es also beispielsweise darum geht, sich zwischen heimischen und ausländischen Aktienmärkten zu entscheiden. Daraus kannst du erkennen, dass das einzig Verlässliche in einer Markttimingstrategie die zusätzlichen Transaktionskosten sind, die aufgrund der häufigen Käufe und Verkäufe entstehen. Auch die Erfolgsbilanz professioneller Vermögensverwalter, die auf Fehlbepreisungen setzen, legt nahe, dass häufige Kurswechsel in Erwartung kurzfristiger Preisänderungen mehr schaden als nützen können. Abbildung 1 zeigt die Standard & Poors SPIVA Scorecard zur Jahresmitte 2016 und vergleicht die Wertentwicklung von Fondsmanagern mit einem vergleichbaren Benchmarkindex von S&P. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Mehrheit der Fondsmanager den Index weder kurz-noch langfristig übertreffen konnten. Auf Prognosen zu vertrauen, die zukünftige Kursentwicklungen voraussagen wollen, sind wenig Erfolg versprechend. Vielmehr solltest du auf die Intelligenz der Märkte vertrauen, welche Informationen effizient verarbeiten und dadurch die Strukturierung eines Portfolios ermöglichen. Millionen von handelsbereiten Käufern und Verkäufern interagieren täglich auf den Finanzmärkten. Dadurch entstehen Preise, aus denen sich jeden Tag positive Renditeerwartungen ableiten lassen. Zwar können die tatsächlichen Renditen von den erwarteten Renditen abweichen, diese Abweichungen sind jedoch im Voraus nicht bekannt und nicht voraussagbar. Langfristig gesehen sprechen die Daten klar für ein Vertrauen in die Märkte und einen disziplinierten Investmentansatz. Abbildung 2 zeigt neben einer Auswahl pessimistischer Schlagzeilen die Wertentwicklung eines US-Dollars an den Aktienmärkten von 1994 bis 2015. Jenen Anlegern, die auf diese Schlagzeilen reagiert und ihre Aktien verkauft hätten, wäre auch das Wachstum der darauffolgenden Jahrzehnte entgangen. Fazit Gegen Jahresende ist ein Blick zurück und auch nach vorne nur allzu verständlich: Was lief in diesem Jahr gut? Was könnte im neuen Jahr besser werden? Für Investments gilt dabei jedoch, dass du wahrscheinlich bessere Ergebnisse erzielst, wenn du auf deinen bestehenden Investmentplan vertraust und dich auf jene Aspekte konzentrierst, die du auch beeinflussen kannst – eine breite Diversifikation, Steueroptimierung, Kostenreduzierung und ein geringer Portfolioumschlag. Wer auf Spekulationen und kurzlebige Voraussagen setzt und dafür von seiner langfristigen Investmentstrategie abweicht, riskiert dadurch vom Endergebnis enttäuscht zu werden. Die zukünftige Marktentwicklung lässt sich nicht voraussagen – sicher ist lediglich, dass die Zukunft unsicher ist. Allerdings können wir aus der Vergangenheit lernen, dass die Finanzmärkte jedoch bei aller Unsicherheit langfristige Anleger belohnen, die nicht von ihrem Investmentkurs abweichen. [1] Auszug einer Präsentation an der Anderson School of Management, University of California, Los Angeles, 15. April 2003. Quelle. eu.dimensional.com
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